In Deutschland gibt es den Ausspruch „ich bin ein Berliner“. Unser Bekennerspruch „ich bin ein Raumberger“ kommt diesem sehr nahe. Das hängt wohl damit zusammen, dass es viele Absolventen verschiedener Jahrgänge gibt, die allesamt positive Erinnerungen an den Schulbesuch in Seefeld und in Raumberg haben. Und es gibt die vielfältigsten Lebenspfade, die auf der Lebensbildung unserer Schule basieren. Meiner Einschätzung nach war es nicht allein die fachliche Basis, sondern auch die Lebensschule in einer großen „multikulturellen“ Gemeinschaft. Davon zehre ich heute noch, weil ich die Dialektvielfalt der Schülerherkünfte kennenlernte und deshalb Steirer von anderen Österreichern unterscheiden kann.
Fachlich legte unsere Schule eine gute Grundlage für das Stammfach Landwirtschaft. Es verschlug aber viele Kollegen in artfremde Fächer. So hat möglicherweise der Schlachtunterricht am Schulbetrieb anerkannte Chirurgen hervorgebracht. Noch ein paar (humoristische) Schmankerl, die mir spontan zur Raumbergzeit einfallen:
Die Praxis war weniger erkenntnisreich, sondern eher mit Arbeit verbunden. So wurden wir mit Stricken bewaffnet in den Schulwald geschickt, um das Windwurfholz vom Berg zu ziehen. In der Fischerei wateten wir im Schlamm. Auf den sauren Wiesen halfen wir bei der Heuernte und tranken den sauren Most der Schulwirtschaft. Der Sprachklang mancher Professorenoriginale wie z.B. Prof. Harrasser oder Ing. Fiedler. Die existenziell notwendigen Nebenstudien Volkstanzen, Fahrschule und Jägerprüfung.
Ich war in Raumberg mehr auf der abstrakten Fachseite zuhause, z.B. der Mathematik und Betriebswirtschaft von Professor Six. Er lehrte uns in BW die Kunst der Rentenrechnung, der linearen Programmierung oder den Umgang mit einem Betriebsrechenschieber. Im letzten Schuljahr unterrichtete uns Fachlehrer Falb in höherer Mathematik. Bei ihm lernten wir (eine kleine Freiwilligenrunde) die Kunst der Differentialrechnung und maturierten auch in diesem Fach. Das war im folgenden BOKU-Studium vorteilhaft. Dort gab es einen Physikprofessor, der von Raumberger keine große Meinung hatte. Er sagte: „die Gegend dort (in Raumberg) ist ja sehr schön, aber können tun sie wohl überhaupt nichts“. Ich konnte ihn dank FL Falb vom Gegenteil überzeugen.
In vielen Beiträgen der Absolventenrundschau wird von Bergabenteuer berichtet. Auch ich erinnere mich an eine Grimming Tour über das ausgesetzte Südostgrad. Meine Klassenkollegen Zeiler Erwin und Sinnegger Hermann überredeten mich dazu. Sie wussten aber nicht, dass ich eher die sanften Rundungen der Umlandgebirge des Murboden und dessen Ebene schätzte. Zu unseren Zeiten wurden solche Abenteuer von der Schulleitung wenigstens nicht mehr sanktioniert.
Welchen Lebenspfad ging ich nach der Raumbergzeit:
- Ich studierte an der BOKU-Landwirtschaft.
- Nach dem Diplomabschluss schrieb ich berufsbegleitend eine Dissertation über die Erwerbkombination in der steirischen Landwirtschaft und promovierte an der BOKU in BW und Agrarpolitik.
- Dann kam der Berufsweg in der Landwirtschaftskammer Steiermark. Ein großes Glück und der Ratschlag eines BOKU-Kollegen führte mich nach dem Studium in den Nahbereich der damals führenden Agrarköpfe der Steiermark, Dr. Krainer, DI. Josef Riegler, DI. Hermann Schaller und Dr. Heinz Kopetz. Heinz Kopetz war dann mein ganzes Berufsleben hindurch direkter Chef, fachliches und menschliches Vorbild. Ich begleitete ihn vom Beginn seiner Amtszeit an: Zunächst als zBV, dann kamen über die Zeit hinweg noch hinzu: EDV Referat, Abteilungsleiter Betriebswirtschaft, Gruppenleiter für den Bereich Beratung/Förderung, Kammerdirektor Stellvertreter und in einer Übergangsphase Kammerdirektor.
Damit schloss ich mein Berufsleben und bin nun mit positiven Raumberg Erinnerungen im Ruhestand.
Dieser Artikel erschien in der Juli Ausgabe 2023 – Absolventenrundschau 183